Oldenburger Beihilfe für das Drittliga-Fußballstadion ist nicht mit dem EU-Wettbewerbsrecht vereinbar

Berliner Platz
Große EWE Arena der Weser-Ems-Hallen Gesellschaft.

Oldenburgs Oberbürgermeister Krogmann äußerte sich im NWZ VfB-Talk zur Beihilfe für den VfB-Fußball: Wenn die Stadt die EWE Arena an ein Profisport-Unternehmen vermieten darf, warum soll das bei dem Drittliga-Fußballstadion nicht klappen? Das fragte OB Krogmann im VfB-Talk.

Des OBs Vergleich der Beihilfe für ein Fußballstadion mit der Multifunktionsarena zeigt, dass seine Berater*innen das europäische Wettbewerbsrecht nicht gelesen haben. [Der Clip zitiert ©nwzonline VfB-Talk]

Die einfache Antwort an OB Krogmann lautet:

Weil Ihr Fußballstadion nicht mit den Regeln des Binnenmarktes vereinbar ist, Herr Oberbürgermeister! Wir erklären Ihnen das.

In der Verordnung (EU) zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt steht in Artikel 55:

Die Sportinfrastruktur darf nicht ausschließlich von einem einzigen Profisportnutzer genutzt werden. Auf die Nutzung der Sportinfrastruktur durch andere Profi- oder Amateursportnutzer müssen jährlich mindestens 20 % der verfügbaren Nutzungszeiten entfallen. …

Die Sportinfrastruktur beziehungsweise multifunktionale Freizeitinfrastruktur muss mehreren Nutzern zu transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen offenstehen.

 

Vergleich der Baskets in der EWE Arena mit dem VfB Oldenburg in „OB Krogmanns Drittliga-Stadion“

Die Große EWE Arena ist eine „multifunktionale Freizeitinfrastruktur. Sie wurde für die städtische Weser-Ems-Hallen Gesellschaft gebaut, um deren alternde Hallen zu ergänzen. Die Weser-Ems-Hallen Betreiberin hält das Hausrecht und vermietet die Hallen nicht nur an die Baskets, sondern zum Beispiel auch für Konzerte und für andere Veranstaltungen. In Erfüllung des Artikels 55 oben (mind. 20% der Nutzungszeiten) werden 25% der verfügbaren Nutzungszeit von der Weser-Ems-Hallen Gesellschaft kontrolliert. Die EWE Baskets passen ihren Spielplan daran an. Wenn also in der EWE-Arena ein Konzert stattfinden soll, verschiebt die Basketballliga unter Umständen das Heimspiel der Baskets auf den nächsten möglichen Termin. (Das erlaubt die DFB Drittliga-Lizenz der VfB Oldenburg Fußball GmbH nicht.)

Die Baukosten der Großen EWE Arena lagen deutlich unter der Anmeldeschwelle von 50 Mio € und die jährlichen Zuschüsse von der Stadt Oldenburg liegen weit unter 2 Mio € (mehr zu diesen Grenzwerten unten).

 

OB Krogmanns Stadion an der Maastrichter Straße wird ausschließlich für den Profi-Fußball der Dritten Liga geplant. Den Begriff „Multifunktion“ erwähnt der Oberbürgermeister nur, wenn es um das Thema Beihilfe geht. Immer wenn es um Planung, Kosten, Lärm, Anwohner etc. geht, hebt er hervor, dass es ein reines Fußballstadion sei, mit Nebennutzung der Gastronomieräume, vielleicht mal ein Konzert. Ein Rudelsingen bezeichnete der OB als Sahnehäubchen. Da die Weser-Ems-Hallen direkt nebenan schon eine VIP-Lounge, Gastronomieräume und Konzerthallen betreiben, behauptet auch niemand, dass hier dringender Bedarf für zusätzliche Kapazitäten besteht.

Die DFB Regeln verlangen, dass die VfB Oldenburg Fußball GmbH das Hausrecht bekommt. Das Drittliga-Fußballstadion steht also nicht „mehreren Nutzern zu transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen offen“, wie es Artikel 55 verlangt.

[Der Clip zitiert ©nwzonline VfB-Talk]

Wie OB Krogmann im VfB-Talk offen sagt, werden die Leichtatlethik, andere Fußballmannschaften und der Football weiterhin das Oldenburger Marschweg-Stadion von 1951 nutzen. Somit wird die VfB Oldenburg Fußball GmbH die ausschließliche (Profisport-)Nutzerin des neuen Drittliga-Fußballstadions. Dadurch erhält dieses Fußball-Unternehmen einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil in einer Höhe, die schwer mit der EU-Verordnung zur Beihilfe vereinbar ist.

 

Baulast auf Parkplätze

Die DFB-Regeln für Parkplätze sind ein weiteres Hindernis. Die VfB Oldenburg Fußball GmbH erhält nicht nur das Hausrecht über das Stadion. Auch wenn angeblich 70% der Zuschauer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Stadion am ZOB anreisen sollen, erfordern die DFB Regeln eine Baulast (eine Art Reservierung für die VfB Oldenburg Fußball GmbH, die im Bebauungsplan vermerkt wird) für sehr viele Parkplätze.

Der Stadt Oldenburg gehören laut OB Krogmann hier angeblich 5000 Parkplätze. Die Zahl ist umstritten, denn sie bezieht eine Versiegelungsfläche ein, die wie ein Parkplatz aussieht, aber keine Baugenehmigung als Parkplatz hat. Außerdem schließt diese Zahl wohl das Freigelände der Weser-Ems-Hallen mit ein, das vom „Oldenburger Kramermarkt“, dem „Big Bumper Meet U.S. Car Treffen“ und anderen Veranstaltungen genutzt wird. Die Parkplätze werden auch während des AGRAVIS-Cup, dem Oldenburger Rohrleitungsforum, der LKW-Kammerversammlung und anderen Veranstaltungen gebraucht. Dieser Konflikt um Parkplätze wird leider ergeben, dass die Weser-Ems-Hallen manche Veranstaltungen nicht mehr abhalten kann und so zu Umsatzausfällen führen. Dieser Konflikt birgt sogar das Risiko, die wettbewerbsrechtlich korrekte Nutzung der Großen EWE-Arena zu torpedieren.

 

Die Meldepflicht für die Förderung von Sportinfrastrukturen sieht nach Artikel 4 als Anmeldeschwelle für Betriebsbeihilfen für Sportinfrastrukturen 2 Mio. € pro Infrastruktur und Jahr vor. Die Stadt Oldenburg erwartet laut der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Albert Speer Tochter PROPROJEKT Verluste aus dem Drittliga-Fußballstadion von knapp unter 2 Mio € pro Jahr. Diesem Verlust müssen aber noch einige Positionen, wie z.B. die Pacht für das Grundstück hinzugerechnet werden, was eine materielle Beihilfe von über 2 Mio € pro Jahr für die VfB Oldenburg Fußball GmbH ergeben wird. Würde das Fußballunternehmen sein Stadion selbst bauen und betreiben, müsste es für diesen jährlichen Verlust von rund 2 Mio € selbst aufkommen.

Die Einhaltung der Regeln der Binnenmarktes soll allen Unternehmen einen fairen Zugang zum Markt gewähren. Das Wettbewerbsrecht sichert den Verbraucher*innen langfristig Vielfalt, Auswahl und niedrigere Kosten.

 

Résumé

Die Nutzung der Großen EWE Arena zeigt, dass es sich um eine multifunktionale Freizeitinfrastruktur handelt. Es ist unwahrscheinlich, dass die EU-Wettbewerbsbehörde hier Einwände erheben würde. Auch wenn die Weser-Ems-Hallen in manchen Finanzjahren Verluste ausweisen, werden die Arenen insgesamt wenig von der Stadt bezuschusst, auf jeden Fall deutlich unter der Anmeldeschwelle für diese Art von Betriebsbeihilfen. Die Situation der EWE Arena ist also eine ganz andere als die von OB Krogmanns Drittliga-Stadion.

Der Stadionplanungsgesellschaft mbH wurden 100.000 € bewilligt, um „Maßnahmen zur Klimaneutralität und das Nutzungs- und Betriebskonzept zu untersuchen“ [Quelle Stadt Oldenburg]. Für soviel Geld kann der Oldenburger Oberbürgermeister auch eine Studie einkaufen, die behauptet, dass weitere wirtschaftliche Potenziale des Stadions jährlich sechsstellige Euro-Beträge zur Kostendeckung des Drittliga-Fußballstadions beitragen können. Das wäre aber das Gegenteil von allem, was wir bisher zu dem Thema Events im Stadion gehört haben und wäre im Konflikt mit den Einnahmen, die Oldenburg bisher mit dem Marschweg-Stadion und den Weser-Ems-Hallen generiert. Dass eine solche Studie aus dem geplanten Drittliga-Fußballstadion eine mit dem Wettbewerbsrecht kompatible multifunktionale Freizeitinfrastruktur macht, erscheint uns unwahrscheinlich. Endgültig geklärt werden kann diese Frage nur durch die Notifizierung der Beihilfe an die Wettbewerbsbehörde. Wir erwarten, dass die Summe aus Grundstück, Sanierung des Bodens und Baukosten die jährlichen Verluste aus dem Stadion über die Anmeldeschwelle für Betriebsbeihilfen hebt. Damit ist die Stadt Oldenburg auf jeden Fall verpflichtet, die Verluste, die sie für das Drittliga-Fußballstadion übernimmt, der Wettbewerbsbehörde zu melden.

 

 

 

 

 

 

2 Kommentare

  1. Ich befasse mich mit dem Thema Stadionbau leider erst seit Mitte Januar.
    Was machte nur eine Stadt/Region, die keine streitbaren Demokraten findet, welche bereit sind in ‚zig Stunden Arbeit und privater Zeit zu Lasten von Familie, Persönlichkeit und evtl. Hobbys sich ganz tief in die Materie einzuarbeiten ?
    Zur Frage VFB Stadion oder Multifunktionsarena sagte OB Krogmann
    bei der Stadratssitzung -ich war Augen- und Ohrenzeuge- : „Aber im Kern ist es ein Fußballstadion, daran gibt es nichts zu drehen“.
    Nur um beim VFB Talk im Lambertihof argumentativ unter Druck geratend eine 180° Wende zu vollziehen : „Wir reden ja hier nicht nur von einer Fußballnutzung. Es ist in 1. Linie ja auch ein Veranstaltungszentrum mit vielen anderen Nutzungsmöglichkeiten.“

    Auf Seiten der Stadt arbeiten steuergeldbezahlte Mitarbeiter ganztags.
    Die Stolperfallen des EU Rechts herauszufinden, die diese solitäre Bestimmung über das Stadion durch den DFB eben nicht als Multifunktionsnutzung werten obliegt damit Bürgern, die als Privatleute sich dieses Wissen einverleiben müssen.
    Seit 1981/2, ich war Mitglied im erweiterten Vorstand des Gesamtvereins VFB, und der Übernahme durch Klaus Berster, wird beim VFB durch die 1. Fußballmannschaft und nur durch die, nicht durch den Fußball allgemein fortlaufend Geld verbrannt.
    Zu Lasten der anderen Abteilungen und zu Lasten der öffentlichen Hand nun mit einer hohen 2-stelligen Millionensumme.
    Denkmäler zu bauen geht auch günstiger.
    Und mit Sport hat es zudem auch nicht viel zu tun, sondern lediglich mit 30 Profis der Unterhaltungsindustrie.
    Wie das die Kommunalpolitiker ihren Wählern als Gemeinwohl verkaufen möchten ist schwer vorstellbar:

  2. Wie gut, dass fehllaufende Vergleiche des Oberbürgermeisters Krogmann mithilfe von Fakten entkräftet werden können.
    Ohne tiefergehende Kenntnisse wäre der ein oder andere/ die eine oder andere womöglich dazu geneigt, den charismatischen Ausführungen des OBs ohne weitere Überprüfung Glauben zu schenken.

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